Rainer Diller Maler und Grafiker Kolbermoor
linie
 
blank  

 

  home  
blank
  portrait  
blank
  werke  
blank
blank
  Aktuelles  
blank
  kontakt  
 

 

 

 
  Impressum  
  Datenschutz  
  

 

Zurück  Fürstätter Sonnenuhr

Dokument kosmischer Ordnung (Kulturhistorischer Bericht)

Als für die Fürstätter Volksschule in Rosenheim ein neuer Anbau entstand, wurde nach einem Wettbewerb des Stadtbauamtes Rainer Dillen mit der Gestaltung einer Außenwand beauftragt. Er entschied sich für die Installation einer Sonnenuhr auf der großen, weißen Südwand. „Ich habe mir“, so der Künstler, „die Uhr als Angebot für die Schüler vorgestellt, damit sie ein bisschen Einblick in den Ablauf des kosmischen Systems bekommen. Da zeichnete sich bald ab, dass es doch keine so einfache Sonnenuhr werden würde. Bloß zum Uhrzeitlesen hätte die Schule ja eine andere Uhr kaufen können.“ (OVB vom 06.12.1978).

Rainer Dillen, dessen künstlerische Themen immer wieder auch Kosmos, Mensch und Schöpfung berührten, recherchierte sorgfältig und zog als Spezialisten für die Berechnung des Ziffernblattes den Freiburger Studienprofessor Heinz Schumacher und für die Berechnung der Jahresschleife den Computer-Fachmann Dr. Erich Pivit aus Backnang hinzu.

Die fertige Sonnenuhr befindet [*befand] sich im Hof der Schule neben dem Sportfeld und misst 500 x 310 cm [*bei der Erweiterung der Schule überbaut]. Zwei Besonderheiten zeichnen sie aus. Erstens zeigt sie neben der Tageszeit auch das Datum an, wenn der Lichtstrahl durch das Loch in der Mitte der Zeigerscheibe fällt und die Jahresschleife kreuzt. Zweitens kann man außer den Stunden der mitteleuropäischen Zeit zwischen 7 Uhr morgens und 5 Uhr nachmittags auch die Mittagszeit von Großstädten von Bangkok und Teheran bis New York und Rio de Janeiro ablesen. Dabei wird zusätzlich die „wahre" Mittagszeit von Rosenheim und der französischen Partnerstadt Briançon angezeigt, d. h. der tatsächliche Sonnenhöchststand dieser Orte, abweichend von der allgemeinen mitteleuropäischen Zeit. Diese Anzeige unterstreicht den Unterschied zwischen weit von einander entfernten Orten innerhalb der gleichen Zeitzone. Die Sommer- und Wintersonnenwende und die Tag- und Nachtgleiche zeichnen Hyperbeln zwischen den Symbolen der zwölf Tierkreiszeichen.

Diese ungewöhnliche Sonnenuhr ist nicht nur ein nützliches Instrument für die Messung der Zeit, sondern half auch die Umwelt besser zu erkennen. Sie weckte Interesse und Neugier für das Studium der Naturwissenschaften und machte gleichzeitig den untrennbaren Zusammenhang des Menschen mit der belebten Natur und dem Kosmos sichtbar. Die sachliche, aber doch feingliedrig-sensible Linienführung und Gestaltung verriet den bildenden Künstler als Gestalter. Die beinahe lakonisch klare Gestaltung ließ Freiraum zum Philosophieren, und so konnte man vor der Sonnenuhr an der weißen Wand auf den dazugehörigen großen Findlingen davor über den Lauf der Zeit, den Wechsel der Minuten, Stunden, Jahre und Jahrhunderte nachdenken.

„Für mich ist diese Sonnenuhr weniger eine Uhr als vielmehr ein Dokument kosmischer Ordnung“, so Dillen, „ich selbst bin durch die Arbeit daran der Schöpfung näher gekommen, ihrem Rhythmus und ihrer Ordnung“.
Im Herbst 2010 fiel die Sonnenuhr - nach einer sorgfältigen Dokumentation - einer notwendigen Schulerweiterung zum Opfer und wurde überbaut. Der Stadt Rosenheim ist es ein Anliegen für eine Rekonstruktion einen geeigneten Platz zu finden. [*Stand 2015]

Tatjana Kovalenko / Dr. Birgit Löffler

[*] Anmerkungen von Eleonore Peters (Autorin der Website)


 
 
 
© Rainer Dillen 2019